Mehrheit der deutschen Christen liest keine Bibel

Studie zum Bibellesen in Deutschland

Symbolbild (Aaron Burden, Unsplash.com)

Nur ein geringer Teil der deutschen Bevölkerung liest regelmäßig in der Bibel, deutlich mehr Menschen finden aber ihre Inhalte interessant. Das ergab eine Studie von Theologinnen und Theologen der Universität Leipzig. Etwa 30 Prozent der Deutschen nutzen die Bibel mindestens einmal jährlich. Täglich lesen in ihr 1,6 Prozent, wöchentlich 3,2 Prozent.

Im Vergleich zu 2014 sei nicht der Anteil der Bibellesenden, allerdings die Häufigkeit der Nutzung gesunken, sagte Religionssoziologe Alexander Deeg vom Institut für praktische Theologe der Universität Leipzig. 2014 gaben noch rund drei Prozent der Befragten an, täglich in der Bibel zu lesen. Einmal in der Woche lasen damals etwa zehn Prozent.

Grafik: Pascal Alius (Quelle: Institut für praktische Theologie der Universität Leipzig, erstellt mit Datawrapper), mit freundlicher Genehmigung von Jesus.de

Gert Pickel, ebenfalls Religionssoziologe in Leipzig, fügte hinzu: "Mich hat die relativ geringe Nutzung der Bibel unter Katholiken und Protestanten überrascht." Unter den katholischen Befragten lesen rund 63 Prozent nie oder weniger als einmal im Jahr in der Bibel, bei den evangelischen sind es 58 Prozent. Bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Freikirchen sind das nur 15 Prozent. Diese Zahl sei jedoch aufgrund der kleinen Größe dieser Gruppe nicht belastbar. Als Grund gaben die Nichtnutzerinnen und -nutzer aller Konfessionen meist fehlende persönliche Relevanz der Bibel an. Dennoch zeige die Studie, dass „die Bibel als kulturelles Erbe für die Gesellschaft wichtig“ sei, sagte Pickel.

Etwas mehr als die Hälfte der Befragten besitzt eine gedruckte Bibel. Unter den Konfessionslosen finden 40 Prozent biblische Inhalte interessant. Etwa neun Prozent aus dieser Gruppe lesen mindestens einmal im Jahr in der Bibel. 90 Prozent der Bibellesenden und 63 Prozent der Nicht-Leserinnen und -Leser sind überzeugt, dass die Bibel zentrale Normen und Werte für die Gesellschaft überliefert.

Mit Angeboten außerhalb des Gottesdienstes das Interesse an der Bibel steigern

Die für Deeg überraschend hohe Zahl der Menschen mit Interesse an biblischen Inhalten biete die Chance, mit neuen, kreativen Angeboten zur Bibelnutzung jenseits der klassischen Orte wie dem Gottesdienst in der Kirche das allgemeine Interesse an der Bibel zu steigern. Als Beispiel nannte er das 929-Projekt in Israel, bei dem eine große Community jeden Tag eines der 929 Kapitel der jüdischen Bibel allein liest und sich dann über eine App dazu austauscht. „Das wäre auch etwas für Deutschland. Ich bin dazu bereits mit der Kirche im Gespräch“, berichtete Deeg.

Gert Pickel regte an, die bereits bestehenden und vermehrt von Jüngeren genutzten digitalen Angebote zur Rezeption der Bibel auszubauen. Denn: Ein erster Kontakt mit der Bibel findet überwiegend im Alter zwischen 4 und 14 Jahren statt. Und zwar im Religionsunterricht an Schulen, in Gottesdiensten und im Vorbereitungsunterricht für Konfirmation und Firmung. Darauf folgen erst Eltern und Großeltern.

Digitale Formate ersetzten die gedruckte Bibel jedoch nicht. Ungefähr elf Prozent der Bibellesenden nutzen die Bibel der Studie zufolge als E-Book, als App oder auf Webseiten im Internet häufig. Die Hörbibel wird vor allem von älteren Befragten häufig genutzt (neun Prozent).


Das Projekt "Multiple Bibelverwendung in der spätmodernen Gesellschaft" ist die erste repräsentative gesamtdeutsche Studie zu diesem Thema. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befragten dafür 2022 insgesamt 1.209 Menschen mit und ohne kirchliche Bindung – telefonisch und digital. Die letzte Studie zur "Bibelfrömmigkeit" stammt aus den 80er-Jahren.


Der Artikel ist am 11. Juli 2023 auf jesus.de erschienen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genemigung.

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